«Mein ABC ist…»
Eine Workshopreihe in der Kunstbibliothek und im Werkstoffarchiv
Ein Buch in einer Bibliothek an den falschen Platz zu stellen, ist Sabotage. Es wird für andere praktisch unauffindbar. Das ABC, die strenge Ordnung, lässt kaum Spielraum. Die dynamische Ordnung der Kunstbibliothek erlaubt es jedoch das ABC freier zu interpretieren und immer wieder neu zu definieren. Mit der dreiteiligen Workshopreihe «Mein ABC ist …» soll diese Freiheit genutzt und die Kunstbibliothek und das Werkstoffarchiv für eine gewisse Zeit zum Marktplatz von verschiedenen Meinungen und Ordnungsvorstellungen werden.
Gäste aus unterschiedlichen Fachbereichen sind eingeladen, während einigen Tagen die Sammlungen nach ihren Kriterien umzukrempeln und darüber ihre Forschungsinteressen sichtbar zu machen. Übergeordnete Thematik der drei Rechercheaufenthalte sind Fragen zum Umgang mit Materialressourcen und damit das Durchsuchen und Hinterfragen des Sitterwerk-Bestandes bezüglich Informationen zu Herkunft, Gewinnung und der Zirkularität von Roh- und Werkstoffen. Als Abschluss der Workshoptage findet jeweils ein öffentlicher Gesprächsabend statt, an dem die von den Gästen hinterlassene Neuanordnung im Bibliotheksraum besprochen und diskutiert wird. Im Anschluss wird die Auslegeordnung während eines Monats beibehalten, bevor sie sich durch die Nutzung von regulären Besucher:innen wieder auflöst.
«Mein ABC ist ... aktiv»
vom 23. März bis 23. April
Vom 20. bis 23. März sind Iva Rešetar und Léa Perraudin der interdisziplinären Forschungsgruppe Matters of Activity der Humboldt-Universität zu Berlin im Sitterwerk zu Gast. Sie beschäftigen sich mit der Frage, wie Materialien an ihre Kontexte gebunden sind, wie sie Prozesse offenlegen und sich im Laufe der Zeit wandeln. Iva Rešetar und Léa Perraudin werden während drei Tagen die Buch- und Materialsammlung aus diesem Blickwinkel umordnen und dabei die allgemein vorherrschende Auffassung von Materialien als stabile und standardisierte Einheiten in Frage stellen. Materialarchive als Wissensspeicher beschränken sich oft auf das Sammeln von haltbaren und isolierten Proben und konzentrieren sich auf Praktiken, die Veränderungen möglichst ausschliessen oder verhindern. Gerade darin liegen jedoch Indizien für Materialflüsse und grössere sozio-ökologische Zusammenhänge. Mit ihrem Rechercheaufenthalt untersuchen Iva Rešetar und Léa Perraudin, inwiefern Archive den Zugang und die Erfahrung solcher Aktivitäten in Materialien – wie Phasenübergänge, Wachstum oder Verwitterung – ermöglichen und wie die Muster auf materielle Prozesse ausserhalb der Sammlung verweisen.
Donnerstag 23. März, 18:30 Werkstoffarchiv und Kunstbibliothek
Ein Gespräch zur Auslegeordnung der Architektin Iva Rešetar und der Medientheoretikerin Léa Perraudin von Matters of Activity aus Berlin
Begrüssung von Julia Lütolf, Leiterin Werkstoffarchiv
Apéro im Anschluss
«Mein ABC ist sekundär»
vom 8. Juni bis 30. Juni
Anfang Juni sind Paula Dörfler, Frank Gfeller und Mirjam Wolffers der Fachstelle für Sekundärrohstoffe der Universität Bern im Sitterwerk zu Gast.
Die Gruppe des Instituts für Geologie befasst sich mit der Verwertung von mineralischen Abfällen im Sinne einer nachhaltigen Schliessung von Stoffkreisläufen. In diesem Zusammenhang ist unter anderem die Metallrückgewinnung aus Industrieabfällen oder der Rohstoffersatz in Industrieprozessen und Baustoffen Thema. Beispielsweise beim Sand – aktuell einer der wichtigsten nichtmetallischen mineralischen Rohstoffe – geht es künftig darum, vermehrt primäre durch sekundäre Rohstoffe zu ersetzen, um die natürlichen und rar gewordenen Ressourcen zu schonen. In der Buch- und Materialsammlung des Sitterwerks ist das kleinteilige Material, z. B. als Ausgangsstoff der Glasherstellung, Hauptbestandteil von Beton oder Formstoff für den Kunstguss, vielfältig vertreten. Texte, Gesteine, Bilder, Schutt und Raritäten, welche die Mitglieder der Fachstelle mit ihrem spezifischen Blick zu Tage fördert, werden am 8. Juni in einer öffentlichen Gesprächsrunde vorgestellt.
Die Auslegeordnung ist im Anschluss noch bis am 30. Juni im Werkstoffarchiv und in der Kunstbibliothek zu sehen.
«Mein ABC ist elementar»
vom 28. September bis 6. November
Ende September widmen sich Ignacio Acosta und Stella Carlsen dem metallischen Element Kupfer und dessen Vorkommen in der Buch- und Materialsammlung. Der Künstler Ignacio Acosta setzt sich mit dem Verständnis von Orten und Landschaften auseinander, die, obwohl sie oft vernachlässigt werden, von globaler Bedeutung sind. Mit seiner Arbeit «Copper Geographies» hat er beispielsweise die Handelswege und den Lebenszyklus von Kupfer verfolgt und dokumentierte mit verschiedenen Medien die transformierten Landschaften der Atacama Wüste von Chile, wo das Material abgebaut wird, und die Londoner Innenstadt, wo es verbaut wird. Stella Carlsen ist in der Kunstgiesserei St.Gallen für das Thema der nachhaltigen Unternehmensführung verantwortlich und beschäftigt sich unter anderem mit den Fragen zur Herkunft und Gewinnung der verwendeten Materialien, die teilweise auch in der Sammlung des Werkstoffarchivs zu finden sind. Sie ist zusammen mit Ignacio Acosta eingeladen, die in Büchern und Materialschubladen vorhandenen Kupfer-Elemente statt im Periodensystem, in einem weiter gefassten Zusammenhang zu verorten und mit den Themen der Kunstproduktion in Beziehung zu setzen.
Am 28. September um 18:30 Uhr stellen Ignacio Acosta und Stella Carlsen ihre Auslegeordnung vor, die im Anschluss noch bis am 6. November im Werkstoffarchiv und in der Kunstbibliothek gezeigt wird.
Die Workshopreihe wird unterstützt durch Kanton St.Gallen Kulturförderung / Swisslos, Stiftung Temperatio, TISCA Tischhauser Stiftung