«Mein ABC ist aktiv»
23.März bis 7.Mai
Eine Auslegeordnung der Architektin Iva Rešetar und der Medientheoretikerin Léa Perraudin von Matters of Activity aus Berlin
Vom 20. bis 23. März haben Iva Rešetar und Léa Perraudin der interdisziplinären Forschungsgruppe Matters of Activity der Humboldt-Universität zu Berlin im Rahmen der Reihe “Mein ABC ist…” die Bestände im Sitterwerk umgeordnet. Ihre Intervention in der Buch- und Materialsammlung ist geleitet von der Suche nach Aktivität in Materialien und den Mechanismen von Kontrolle und Kooperation in unserem Umgang mit ihnen und über den Bereich menschlicher Einflussnahme und Wahrnehmung hinaus.
Sie befragen, inwiefern Materialien an ihre Kontexte gebunden sind, wie sie Prozesse offenlegen und sich im Laufe der Zeit wandeln. Dabei stellen sie vor allem die allgemein vorherrschende Auffassung von Materialien als stabile und standardisierte Einheiten in Frage. Materialarchive als Wissensspeicher beschränken sich oft auf das Sammeln von haltbaren und isolierten Proben und konzentrieren sich auf Praktiken, die Veränderungen möglichst ausschließen oder verhindern. Gerade darin liegen jedoch Indizien für Materialflüsse und größere sozio-ökologische Zusammenhänge. Mit ihrem Rechercheaufenthalt untersuchten Iva Rešetar und Léa Perraudin, inwiefern Archive den Zugang und die Erfahrung solcher Aktivitäten in Materialien – wie Phasenübergänge, Wachstum oder Verwitterung – ermöglichen und wie die Muster auf materielle Prozesse ausserhalb der Sammlung verweisen.
Die Auslegeordnung ist das vorläufige Ergebnis einer Spurensuche und kann punktuell konsultiert werden, von links nach rechts oder gegenläufig gelesen werden. Zwischen den Tischen, dem Boden und den dahinter liegenden Regalen verweben sich Narrative von Materialien und ihrem Gebrauch, ihrer Verarbeitung und ihren Hinterlassenschaften. Einen Schwerpunkt bilden Fragen der Skalierung, die vom biologischen Wachstum von Zellulosematerialien und der symbiotischen und kollaborativen Herstellung von bakterieller Zellulose bis hin zu Fertigungstechniken reichen, die die Materialeigenschaften auf molekularer Ebene kontrollieren und funktionalisieren. Darüber hinaus wird Wachstum als zentrales Konzept verhandelt, das sowohl organisches Wachstum als auch anorganische Ansammlungen (Staub, Kondensation) sowie sozioökonomisches Wachstum und dessen Grenzen umfasst. Außerdem werden materialpolitische Spannungsverhältnisse von globaler Reichweite – Infrastrukturen und Veränderungsprozesse im Anthropozän – adressiert und anhand von Resten und Witterung sowie Praktiken des Sammelns und Pflegens ein ortsspezifischer Blick zurück auf das Sitterwerk gerichtet.
Für die Auslage der Bücher und Materialien stellen Christian Hörler und Angela Kuratli die Ausstellungsmöbel zur Verfügung, die ursprünglich für das Projekt Shifting Cascades in der Propstei St. Peterzell konzipiert wurden.
Die Workshopreihe wird unterstützt durch Kanton St.Gallen Kulturförderung / Swisslos, Stiftung Temperatio, TISCA Tischhauser Stiftung