April bis Juni 2009 – Zuckergestärkte Objekt-Umrisse
Michelle Grob verwendet für ihre künstlerische Arbeit zur Zeit ganz traditionelle Handarbeits- und Haushaltstechniken und setzt sich damit mit normalsten Gebrauchsgegenständen und alltäglichen Bildern auseinander. Die Arbeiten, die daraus entstehen, sind aber schliesslich merkwürdig verfremdete Objekte der Kunst: Gehäckelte Werkzeuge – weich wie flauschige Kissen – verwehren jeglichen Gebrauch. Schuhe, Gläser, gerahmte Erinnerungsbilder – abgeformt mittels zuckerwassergestärkten Altkleidern – können weder getragen werden noch als Trinkgefässe dienen – und die Fotografien zeigen in ihren Rahmen statt Erinnerungen allenfalls textile Strukturen. Genauso wie die pornografischen Fotos, welche – mit Wolle und «brav» gehäckelt– kaum mehr schemenhaft als Sexszenen erkennbar sind, weil das Textile dieser Bildobjekte jedes obszöne Detail vehüllt.
Nach Atelierstipendien in Holland, Rom und Finnland arbeitet Michelle Grob von April bis Juni 2009 für 2 ½ Monate als Gastkünstlerin im Sitterwerk. Hier will sie das Verfahren des Abformens alltäglicher Objekte mit Recycling-Textilien und Zuckerwasser in grösseren Dimensionen ausloten. Unweit des Sitterwerks hat beim Bahnhof St.Gallen-Bruggen unter ihren Händen ein kleines Häuschen eine ungewöhnliche Bearbeitung erfahren. Ganz natürlich wurden auch die Quartierbewohner in diese Kunstaktion eingebunden, indem sie die Kleider, die sie nicht mehr tragen wollen, statt in den Recycling-Container zu werden der Künstlerin übergaben, welche sie auf das Haus pflasterte.
Was sich schliesslich von dieser zweiten Haut wieder ablösen und ins Projekt-Atelier transferiert als Haus-Umriss wieder aufbauen – und vielleicht mit Kunstobjekten möblieren lässt – sollte sich zeigen. Michelle arbeitet prozesshaft und lässt sich dabei auch von den Überraschungen leiten, welche sich durch Zufälle ergeben. So ist auch das Erkennen, was verwertet oder weiterverfolgt werden könnte, ein wesentliches Moment ihrer künstlerischen Arbeit.
Tatsächlich wird nun von dieser Aktion bald nichts mehr zurückbleiben als Bilder, Erinnerungen und die Einsichten, welche die Betrachter dieser vergänglichen Arbeit und natürlich die Künstlerin selbst daraus gewonnen hat. Ihre ursprüngliche Absicht, die Umrisse dieses Hauses als Kunst-Objekt in einen Innenraum zu transferieren, hat sie nun aus künstlerischen wie auch aus pragmatischen Überlegungen umgebogen: mit einen Teil der zuckergestärkten Kleider-Wände hat sie nun im Atelier ein kleineres Häuschen wieder aufgebaut, welchem sie am Abend der offenen Ateliers ein fulminantes Ende bereiten will.
So werden ihr nun noch einige Wochen Zeit im Sitterwerk bleiben, um andere Projekte weiter zu verfolgen. Am Abend der offenen Ateliers im Sitterwerk wird sie auch darin einen Einblick gewähren.
Offenes Atelier
Donnerstag, 18. Juni, 2009
am 17 Uhr, mit Bratwurst und Bier