Die deutsche Künstlerin Tina Schulz (*1975) war im Herbst 2018 für zweieinhalb Monate zu Gast im Sitterwerk. Sie hat sich vorgenommen, die Zeit im Gastatelier für freies Arbeiten zu nutzen und sich dem Zeichnen zu widmen. Die 1975 in München geborene Künstlerin hat Bildende Kunst an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig studiert und war dort mehrere Jahre künstlerische Mitarbeiterin im Fachbereich Medienkunst. Sie arbeitet in den unterschiedlichsten Medien, von Zeichnung und Malerei bis hin zu Skulptur, Video und räumlichen Installationen. Nach Stipendienaufenthalten an der Cité International des Arts in Paris und im Centre d’Art Contemporain WIELS in Brüssel verfolgt Tina Schulz ihre künstlerische Praxis heute von Berlin aus.
Mit Papierbögen, Graphitstaub und Farbstiften ausgestattet hat Tina Schulz das grosse Projektatelier bezogen und lässt seither in eindrucksvoller Produktivität und Intensität ihrer Kreativität freien Lauf. Als «Türöffner», um an einem neuen Ort in den Arbeitsprozess zu finden, hat die Künstlerin eine eigene Graphitzeichentechnik entwickelt, für die sie grossformatige Papiere verwendet. An jeweils sechs Zeichnungen gleichzeitig arbeitend, lässt sie sich in einem Bildfluss treiben, der sich durch eine erstaunliche inhaltliche und stilistische Bandbreite auszeichnet. Dabei geht es ihr weniger um das einzelne Bild, als um Gruppen von Zeichnungen und um die Möglichkeit, diese «Bildbatterie» über die Jahre hinweg zu akkumulieren. Tina Schulz’ Arbeitsweise ist von einem bildarchäologischen Interesse geprägt, sie schöpft bewusst aus dem grossen kulturellen Reservoir bestehender Bilder: Da gibt es griechische Mythologie ebenso wie Heiligendarstellungen oder technoide Science Fiction, und manchmal vermischen sich die Motive – assoziativ und intuitiv.
Auf die grossen Gesten in Schwarz-Weiss folgte eine Serie von viel kleineren Farbstiftzeichnungen. Im Gegensatz zur Graphitserie, die sich zwischen abstrakten Strukturen und fragmentierter Körperlichkeit bewegt, steht jetzt die menschliche Figur im Mittelpunkt. Amorphe Elemente, Körperfragmente und Farbflächen lassen surreale Momente entstehen, eine ganz neue Entwicklung in der Bildsprache von Tina Schulz. Gleich geblieben sind jedoch das forsche Vorantreiben, die enorme Schaffenskraft und das leichtfüssige Sich-Treiben-Lassen von Bildidee zu Bildidee.
Offene Ateliers
Freitag, 5. Oktober 2018
ab 18.15 Uhr offene Ateliers mit Apéro
19 Uhr Gespräch mit Corinne Schatz im Rahmen der mobilen Plattform LE FOYER – IN PROCESS